Schweizer*innen ticken anders, Schwed*innen auch

Gesundheit ist verschieden

Schweizer*innen ticken anders, Schwed*innen auch
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von Conny Dollbaum-Paulsen
(letzte Überarbeitung: 17. Februar 2020)

Gut zu wissen, dass die Haltungen sich nicht nur individuell unterscheiden, sondern auch in europäischen Ländern flächendeckend unterschiedlich vertreten sind - Schweizer*innen fühlen sich tatsächlich anders gesund als Deutsche.

Im ersten Artikel zur Frage „Was ist gesund? Gesundheitskonzepte von Laien“ ging es um Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit und Gesundheit als Leistungsfähigkeit.

Wir ahnen - während bei uns nach wie vor das Fleißthema den Spitzenplatz belegt und die meisten sich dann gesund fühlen, wenn sie voll leistungsfähig sind, fühlen sich die Menschen in vielen anderen Ländern gesund, wenn sie keine Beschwerden haben und das Leben genießen können. Zugegeben, der Genusszusatz ist in der Umfrage nicht belegt und ein Zusatz der Autorin.

Europa und die Haltung zu Gesundheit

Aber, weiter im Text der Unterschiedlichkeit: Sechs der acht befragten Länder haben das Thema Gesundheit als körperlich-seelisches Gleichgewicht unter den Top 3 – dieser Aspekt schafft es in Deutschland leider nicht ganz nach vorn. Lesen Sie dazu die interessante Umfrage https://www.gfk-verein.org/compact/fokusthemen/gesundheitdes Vereins zur Gesellschaft für Konsum,- Markt- und Absatzforschung

Was sagt es aus, ob Menschen sich vor allem gesund fühlen, wenn sie arbeitsfähig sind? Und was, wenn Balance ein Ziel ist? Und wie prägen solche unbewusst gelebten Sätze eine Gesellschaft, mehr noch und direkter: Welchen Einfluss haben diese Überzeugungen auf ein gesundheitssystem?

Fragen Ärzt*innen und Therapeut*innen ihre Patient*innen danach, welche Grundhaltung sie bezogen auf ihr Gesundheitsgefühl haben? Aus der Forschung zur Salutogenese ist bekannt, wie wichtig die individuelle Grundhaltung zu Krankheit und Gesundheit für den Heilungsprozess ist. Es wäre kleine Revolution, sondern eine Revolte, wenn Fragen dieser Art in jedes Patient*innen-Gespräch einbezogen würden.

 Aber: Zurück zu den unterschiedlichen Konzepten…

Gesundheit als persönliches Reservoir

Das heißt: Mein Körper ist fit, ich kann alles schaffen. Das heißt auch: Ich trenne mich von meinem Körper (wer immer Ich dabei ist). In dieser Haltung wirkt eine interne Trennung zwischen mir und meiner Gesundheit, ich betrachte meine Gesundheit nicht als Teil von mir, sondern eher als Gegenüber und damit als etwas von mir als Person verschiedenes.

Haben wir uns diese Haltung (unbewusst) zu eigen gemacht, gilt: Wir empfinden unseren Körper als guten, starken und wehrhaften Freund, auf den wir uns verlassen können. Oder, bei Krankheit, als Verräter, der nicht das tut, was er versprach. Im besten Fall ist die Beziehung verlässlich, das gute Körpergefühl wirkt wie eine besonders hilfreiche Ressource bildet die Grundlage eines guten Lebens. Der Dialog ist freundlich – so lange alles gut geht und die Funktions-Ressource ohne weitere Einschränkungen zur Verfügung steht. Darin schwingt auch ein Satz wie „Ich habe das Recht auf Gesundheit - es steht mir einfach zu“. Es ist sozusagen sich und selbstverständlich, auf Gesundes und Widerstandsfähiges zugreifen zu können…

Typische Sätze

Typisch für diese Grundhaltung sind Gedanken wie

  • Mein Körper ist mein bester Freund
  • Ich kann mich auf meine Gesundheit verlassen
  • Meine Abwehrkräfte sind hervorragend
  • Ich habe sehr gutes Heilfleisch
  • Ich erhole mich immer schnell von Belastungen, auch von Erkrankungen

Schwierig wird diese Überzeugung, wenn der Körper nachlässt, nicht mehr gut funktioniert, altert - vor allem am Alterungsprozess kommt ja bisher kein Mensch vorbei. Und spätestens dann benötigt der Dialog zwischen mir und meinen Ressourcen eine neue Basis. Woher nehme ich dann eine neue Überzeugung, damit ich nicht verzweifeln muss?

Resilienz: Ressourcen in der Psychotherapie

In der Psychotherapie spielt die Arbeit mit Ressourcen eine wesentliche Rolle – Klient*innen werden dabei begleitet, ihre seelischen Ressourcen zu entdecken, sich ihrer vielen verschiedenen inneren „Schätze“ bewusst zu werden.

Sich der eigenen Widerstandsfähigkeit bewusst zu werden, bedeutet, Resilienz zu entwickeln. Ich lerne, meine Ressourcen hilfreich einzusetzen, verlasse mich auf Talente,  Fähigkeiten und gut erprobte Strategien, um der Wechselhaftigkeit des täglichen Lebens mit seinen vielen unwägbaren Herausforderungen so aktiv und selbstbestimmt wie möglich gegenüberzutreten.

Körper und Seele: Immer noch getrennt

Interessant, dass wir körperliche Ressourcen als Selbstverständlichkeit betrachten, uns der seelischen Ressourcen aber meist wenig bewusst sind. Auch hier wirkt die Trennung stark: Körperliche Gesundheit steht mir als Mensch einfach zu…um seelische Gesundheit kümmere ich mich zunächst sowieso nicht – im Notfall kann ich dann blöderweise nicht auf seelische Ressourcen zurückgreifen, weil ich gar keine Vorstellung davon habe, wie diese aussehen könnten. Zum Glück gibt es viele verschiedene ressourcen-orientierte Ansätze in Psychotherapie und Ganzheitsmedizin, so dass ein neuer, angemessener Blick auf mich und meine Ressourcen erlernt und verinnerlicht werden kann. Auch und gerade, wenn ich alt, körperlich oder seelisch belastet und insgesamt nicht mehr strotzend vor Lebenskraft bin.

Ressourcen auf allen Ebenen

Ein ganzheitlicher Ansatz würde körperliche, seelische, geistige und spirituelle Ressourcen als gleichwertig betrachten. Auch als selbstverständlich? Diese Frage kann eigentlich nur mit einem Paradox beantwortet werden:

  • Ja, jeder Mensch wird mit einer Fülle von Ressourcen auf allen Ebenen geboren und ja, sie stehen im Prinzip immer zur Verfügung. Sie sind selbstverständlich in jedes Lebewesen eingebettet und gehören zu uns.
  • Nein, Ressourcen sind nicht selbstverständlich, sondern eher eine Gnade, ein Geschenk und können nicht immer so „benutzt“ werden, wie wir uns das vorstellen. Und das gilt nicht nur für die körperlichen Aspekte.

Ein guter Stoff zum Nachdenken, für uns alle, wie wir es denn so halten mit unserer selbstverständlichen Haltung zu unserer Ressource Gesundheit. Und ein guter Stoff für jedes Erstgespräch in Therapie,- Coaching,- und Beratungspraxen aller Art.

Hier alle Ergebnisse zum Thema Ressourcen auf Heilnetz:

https://www.heilnetz.de/suche.html?keywords=ressourcen#results

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